9
reichen Flüssen und Bächen, die in den Vogesen ihre
Quellen haben, bewässert.
Die hügelige Region befindet sich zum Teil am
Fuße der Vogesen, zum Teil über Lothriugen aus-
gebreitet, wo sie mit einer Reihe von Hügeln und
Thälchen eine fruchtbare Hochebene bildet. Auf der
Mittagseite sind die Vorhügel der Vogesen überall,
wo es der Boden gestattet, mit Reben geschmückt.
Die bergige Region endlich, bestehend aus dem
elsässischen Jura, einem Teile des Schweizer Jura
und den Vogesen, nimmt den südlichen und den West-
lichen Teil des Landes ein.
Die höchsten Gipfel der Vogesen sind nicht mit
Wald, sondern mit grünen Matten bekleidet, deren
würzige Kräuter dem Vieh zahlreicher Melkereieu
zur Nahrung dienen. Hier besonders, auf deu nach
Norden gerichteten Abhängen, bleibt der Wmterschnee
oft bis tief in den Sommer liegen. Die Gipfel und
Abhänge der übrigen Berge sind mit schönen, üppigen
Waldungen bedeckt.
Ihrer geologischen Beschaffenheit nach zerfallen die
Vogesen in die kristallinischen Südvogesen,
zum größten Teil aus Granit oder Gneis bestehend,
und die nördlichen Sandsteinvoges en.
Während bei letzteren der kristallinische Kern voll-
ständig von mächtigen Sandsteinschichten bedeckt ist,
finden wir im Süden in mächtigen Massen das
kristallinische Gebirge zu Tage treten. Nur an ein-
zelnen Stellen finden wir. auch hier noch Schicht-
gesteine (Sedimentgesteine), in größerer Ausdehnuug
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32
1. Das Heidenbad, bei Wildenstein im St. Ama-
rinthal, im Ober-Elsaß.
2. Der Lauchensprnng, im Hintergründe des
Lanchthales.
3. Der Serva-Wasserfall bei Natzweiler (Rothau).
4. Der N i d e ck e r Wasserfall, irt einer Verzwei-
gung des Breuschthales, eine Stunde hinter Oberhaslach.
Der Wasserfall bei Hohwald, der Urmatter Wasser-
fall^.bei Urmatt im Brenfchthal sowie die Cascade
de la Crache am Donon sind von geringer Bedeutung
§ 11-
Die Wildungen.
Fast durchgängig sind die Vogesen mit schönen
Waldungen bedeckt. Der Hochwald besteht im Ober-
Elsaß meist aus Tannen und aus Buchen, während
letztere im Unter-Elsaß vorwiegen. Anßerdem findet
sich noch ständiger Niederwald, bestehend aus Edel-
kastanien, deren Holz mit Vorliebe zu Rebvfähleu
benutzt.wird, und Eichen, deren Rinde den zahl-
reichen Gerbereien der Gebirgsstüdte dient. -Auch iu
der Rheinebene sowie in Lothringen finden sich zahl-
reich zusammenhängende Waldungen, von denen als
die hervorragendsten genannt sein mögen:
Die Hardt und der Kastelwald, im Ober-
Elsaß, vou Kembs bis Neubreisach. Der Nonnen-
brnch- und Ochsenfeld-Wald, zwischen Senn-
heim, Wittolsheim, Lutterbach und Pulversheim,
6000 Hektar. Der Thurwald, zwischen Bollweiler,
Rufach, Herlisheim, H.-Kreuz und Meienheim. Der
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T32: [Vgl Stadt Aufl Frankreich fig Maas Sch. Einw. Vergl Festung]]
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Die ersten Menschen.
5
Durch welche große Veränderungen diese uns jetzt unbekannten Thierarten untergegangen sind, wissen wir freilich nicht. Gewiß aber hat unsere Erde schon vor der sogenannten Süudfluth eine nicht geringe Zahl ungeheuerer Umwälzungen ihrer Oberfläche, Hebungen und Senkungen des Bodens, Gebirgsbildungen und Meeresvertiefungen erfahren. Nur so ist es zu erklären, daß wir jetzt die Knochen jener Thiere zum Theil tief in der Erde, und hier auch selbst Spuren von ganzen. Waldungen finden, an denen wir zum Theil noch die Baumarten und die Lage der Bäume erkennen können. Aber wann diese Veränderungen vorgegangen sind, weist uns keine Geschichte nach, weil das Menschengeschlecht erst in der jetzigen Epoche der Geschichte unserer Erde hinzugekommen ist. Wahrscheinlich ist es, daß zu keiner Zeit das ganze Erdenrund von einer allgemeinen Umwälzung ergriffen wurde, daß zu keiner Zeit die belebte Welt ganz vernichtet wurde.
Vor einer Reihe von Jahrtausenden gefiel es Gott, die Erde, auf der bis dahin nur Thiere, zum Theil von riesenmäßiger Größe, gewohnt hatten, mit Menschen zu bevölkern. Wann dies geschehen, ist ungewiß. Man glaubte sonst, vor 6000 Jahren. Allein es finden sich in Aegypten Ueberrefte von Gebäuden aus dem Alterthume, die mehrere Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung hinaufreichen, und die Kunst, mit der sie verfertigt sind, läßt vermuthen, daß das Menschengeschlecht damals schon länger als 1000 Jahre erschaffen gewesen sein mag.
Stämmen die üppigen Palmen des Indus über die leichten Gebüsche der Pistazien. Unter dem Schatten der Bananen weidete in Deutschland das Elenthier und der Tapir, den jetzt nur Südamerikas Wälder beherbergen. In Deutschlands Flüssen badete sich das Nilpferd, und im Schlamme der Niederlande streckte sich ein riesenmäßiges Krokodil aus. Von den Alpen bis zum weit entlegenen Jenisei zogen Elephantenheerden, untermischt mit pferdeartigen Thieren. Es lagerten in Deutschlands Gauen das Nashorn und der Ur im Farrenkraut und im Schilfe des Bambus. Es erbebte der Boden unter dem Fußtritte des gigantischen Mam-muths und anderer Ungeheuer, die kein menschliches Auge gesehen hat; denn diese Schöpfung war der Herrschaft der Menschen noch entzogen. Auch höchst seltsam geformte Fische, vielgewundene Ammonshörner u. s. w. erfüllten die Meere. Aber Gott winkte; die Welt erschrak; der Erdboden wankte, und die Natur zerstörte wieder ihr Werk. Meere tauschten ihr Gebiet gegen Länder aus, und schonungslos ergriffen die Fluthen das Lebendige. Jetzt irrt der einsame Bergmann mit seinem Grubenlichte in unterirdischen Wäldern umher, sieht erstaunt die einst stolze Geber und Palme versteinert in dem Schooße der Erde, und fördert Ueberrefte unbekannter Ungeheuer ans Licht des heitern Tages."
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Extrahierte Personennamen: Bergmann
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschlands Niederlande Deutschlands
7
Zuweilen trifft ein Fluß in seinem Laufe auf Stellen,
wo das Bett sich plötzlich senkt, indem Felsen darin
einen schroffen Abhang bilden; dann stürzt das Wasser
mit einer großen Gewalt herab und bildet einen
Wasserfall (Nideck, Rheinfall).
Niederungen, Vertiefungen und Höhen.
Die an dem Meere liegenden Landestheile nennt
man Küstenländer. Sandhügel an der Küste
heißen Dünen.
Ein vom Meere umflossenes, aber mit dem Fest-
lande an einer Seite zusammenhängendes Land, ist
eine Halbinsel; eine kleine und schmale Halbinsel
heißt eine Landzunge.
Ein schmaler Streifen Landes, welcher zwei Land-
maffen mit einander verbindet, wird eine Landenge,
ein Isthmus genannt.
Eine Landesstrecke, welche keine oder nur geringe
Vertiefungen und Erhöhungen hat, nennen wir eine
Ebene. Ist dieselbe nur wenig über dem Meeres-
spiegel erhaben, so heißt sie Tiefebene; ist ihre
Höhe über dem Meeresspiegel beträchtlich, so bezeichnet
man sie mit dem Ausdrucke Hochebene oder
Plateau.
Liegen mehrere Hochländer, ähnlich wie die Stufen
einer Treppe neben einander, so heißt das Land ein
Terassen- oder Stufenland.
Unfruchtbare Gegenden führen, je nach ihrer Be-
schaffenheit, verschiedene Namen.
Besteht der Boden aus gänzlich unfruchtbarem
Sande oder Kieselsteinen, so nennt man die Gegend
eine Wüste. Bewässerte, und daher fruchtbare Theile
der Wüste, gleichsam Inseln im Sandmeere, heißen
Oasen.
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43
Produkte. — Die Hauptprodukte siud Vieh, Ge-
treide und Fische.
Städte. — Kopenhagen (181,000 E.), Haupt-
und Residenzstadt auf der fruchtbaren Insel Seeland.
— Helsingör, Seehafen am Sund. Aarhnus (15,000 E.),
Aalborg und Friedericia auf der Halbinsel Jütland.
Zu Dänemark gehören:
1) Die Färoer oder Schassiuselu, im N. von Eng-
land.
2) Die Insel Island, ein unfruchtbares, baumloses,
vulkanisches Gebirgsland, welches nur im N. und
S.-W. einen schmalen bewohnbaren Küstenstrich dar-
bietet. Lavafelder mit Schnee und Eis bedeckt, kahle
zerrissene Felsen, rauchende Berge und siedende Quellen
erfüllen die unabsehbaren Gebirge. Unter den thätigen
Vulkanen sind der Hekla (1560 M.) und der Krabla
die bedeutendsten, und der Geys er, der zu gewissen
Zeiten 30 M. hoch steigt, ist die merkwürdigste der
heißen Quellen.
Den Mangel des Holzes ersetzt man durch Torf.
Die Meeresströmungen spülen auch viel Treibholz an
die Küsten.
Das isländische Moos gebraucht man als Heilmittel.
Fischfang und Viehzucht siud die Hauptbeschäftigung
der Einwohner.
Reikiawik (2000 E.), Hauptort der Insel.
3. Das Königreich Schweden und Norwegen.
761,500 Quadrat-Kilom. 6,900,090 Einw.
Grenzen. — Die skandinavische Halbinsel ist von
dem nördlichen Eismeer, von der Nord- und Ostsee
umflossen und schließt sich im N.-O. an Rußland an.
Bodenform und Klima. — Die Halbinsel
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Extrahierte Ortsnamen: Kopenhagen Seeland Aalborg Island Schweden Norwegen
58
Anlagernde Glieder der westlichen Hochebene von
Iran sind das armenische Bergland (Ararat), das
Hochland von Kleinasien (Taurus) und das syrische
Hochland (Libanon).
Flüsse. — Sämmtliche Hauptströme Asiens brechen
aus den Randgebirgen hervor, welche die hohe Mitte
umlagern, und nehmen ihren Lauf nach den 4 Haupt-
Weltgegenden.
Zur nördlichen Abdachung, zum Eismeer, fließen:
der Obi, der Jeuisei, die Lena; nach O., zum stillen
Oeean, der Amur, der Hoaugho und der Jantse-
Kiang; nach S., zum bengalischen Meerbusen, der
Brahmaputra und der Ganges'; zum persischen Meere,
der Sind oder Indus; zum persischen Meerbusen, der.
Enphrat-Tigris oder Chatel-Arab; nach W., zum
Aralsee2, der Amn und der Syr.
Produkte. — Da die klimatischen Verhältnisse
ihren Einfluß auf die organische Welt geltend machen,
müssen natürlich auch die Pflanzen und Thiere von
Asien verschiedenartig sein. Moos und Flechten bedecken
den Boden im hohen Norden, tropische Vegetation die
südlichen Landestheile und Inseln, Steppengewächse
die Tiefebenen im W., und blühende Reisfelder die
Ufer des Hoaugho und des Jantse-Kiang, im Osten.
Selbst die innere Hochebene bietet ähnliche Gegensätze.
Zwergbirken und Fichtenarten wachsen kümmerlich
an einem Abhang, während Palmenwälder auf der
entgegengesetzten Seite prangen.
Die meisten unserer Obst- und Getreidearten, der
Thee, der Kaffee, das Zuckerrohr, die Baumwolle und
die Seidenraupe haben ihre Heimath in Asien.
1 Der heilige Fluß der Hindus.
2 Der Aaralsee und der Baikalsee, in Sibirien, sind die
bedeutendsten Binnenseen Asiens.
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Extrahierte Ortsnamen: Kleinasien Asiens Oeean Enphrat-Tigris Asien Asien Sibirien Asiens
8
Sandebenen, welche mit Haidekraut und anderm
Gestrüpp bedeckt sind, so daß nur Schafe und Bienen
daselbst Nahrung finden, nennt man Haiden.
Große, einförmige Ebenen, die nur mit Gräsern
und kleinen, krautartigen Gewächsen bedeckt find, heißen
Steppen (in Rußland), Prairien oder Savan-
nen (in Nordamerika), Llanos oder Pampas (in
Südamerika).
Unbedeutende Erhöhungen des Landes werden
Anhöhen, Hügel, bedeutendere, Berge genannt.
Liegen die Berge in einer langen Reihe hinter einan-
der, mit einer bestimmten Richtung, so bilden sie eiv
Gebirg, eine Gebirgsk et te.
Ein Gebirge, welches sich bis an das Meer erstreckt,
nennt man ein Vorgebirge oder Kap.
Die merkwürdigsten Berge sind die Vulkane oder
feuerspeienden Berge. Die glühende und daher
flüssig gewordene Gesteinmaffe, welche sich von Zeit zu
Zeit aus dem K r a t e r1 ergießt, heißt Lava.
Die Erhebung eines Berges über den Meeresspiegel
nennt man seine absolute Höhe; die über eine be-
nachbarte Ebene, seine r ela tiv e Höhe.
Die Gipfel der Berge werden verschieden benannt: in
Deutschland heißen sie meist blos S p i tz e oder G i p f e l,
auch wohl Kuppe, Koppe, Kegel; in der Schweiz,
wo sie oft sehr spitz sind, Horn, Nadel (aiguille,
dent), Kulm (point culminant); in Frankreich, Pik;
im Elsaß (Vogesen), Belchen (Ballon).
Die Vertiefungen zwischen den Bergen heißen
T h ä l e r; diese zerfallen inquerthäler (Vogesen)
und in Längethäler (Jura).
Die wichtigsten Querthäler, welche als Straßen
über die Gebirge benutzt werden, heißen Pässe.
1 Schlund, trichterförmige Oeffnung eines Vulkans.
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Extrahierte Personennamen: Haiden Koppe
Extrahierte Ortsnamen: Nordamerika Südamerika Deutschland Schweiz Kulm Frankreich
314
artigen Gewächse, in einer Zone, wo Alles, was den Boden bedeckt, holz-
artig wird. Wenn Reisende, kaum in einer Tropengegend gelandet, und dazu
noch auf Inseln, schon, in der Nähe der Küste, glauben in Urwälder einge-
drungen zu sein: so liegt die Täuschung wohl nur in der Sehnsucht nach
Erfüllung eines lange gehegten Wunsches. Nicht jeder Tropenwald ist ein
Urwald .... Wenn man die Waldgegend, welche ganz Südamerika zwischen
den Grassteppen von Venezuela und den Pampas von Buenos Aires durchzieht,
mit einem Blicke umfaßt; so erkennt'man, daß dieser zusammenhangenden
Hylaea der Tropenzone keine andere an Ausdehnung aus dem Erdboden
gleichkommt. Sie hat ungefähr 12 Mal den Flächeninhalt von Deutschland.
Nach allen Richtungen von Strömen durchschnitten, deren Bei- und Zuflüsse
erster und zweiter Ordnung unsre Donau und unsern Rhein an Wasserreich-
thum bisweilen übertreffen, verdankt sie die wundersame Ueppigkeit ihres
Baumwuchses der zwiefach wohlthätigen Einwirkung großer Feuchtigkeit und
Wärme. In der gemäßigten Zone, besonders in Europa und dem nördlichen
Asien, kann man die Wälder nach Baumgattungen trennen, die als gesel-
lige Pflanzen (plantae sociale?) zusammenwachsen und die einzelnen
Wälder bilden. Eine solche Einförmigkeit in der Zusammenstellung ist den
Tropenwaldungen fremd. Eine Unzahl von Familien drängt sich hier zusam-
men; selbst in kleinen Räumen gesellt sich kaum Gleiches zu Gleichem. Mit
jedem Tage, bei jedem Wechsel des Aufenthalts bieten sich deni Reisenden
neue Gestaltungen dar; oft Blüthen, die er nicht erreichen kann, wenn schon
Blattform und Verzweigung seine Aufmerksamkeit anziehen.
Die Flüsse mit ihren zahllosen Seitenarmen sind die einzigen Wege des
Landes. Astronomische Beobachtungen, oder, wo diese fehlen, Compaß-Be-
stimmungen der Flußkrümmung haben zwischen dem Orinoco, dem Cassiquiare
und dem Rio Negro mehrfach gezeigt, wie in der Nähe einiger wenigen Mei-
len zwei einsame Missionsdörfer liegen, deren Mönche anderthalb Tage brau-
chen, um in dem aus einem Baumstamm gezimmerten Eanoe, den Windun-
gen kleiner Bäche folgend, sich gegenseitig zu besuchen. Den auffallendsten
Beweis von der Undurchdringlichkeit einzelner Theile des Waldes gibt aber
ein Zug aus der Lebensweise des großen amerikanischen Tigers oder panther-
artigen Jaguars. Während durch Einführung des europäischen Rindviehs,
der Pferde und Maulesel die reißenden Thiere in den Llanos und Pampas,
in den weiten baumlosen Grasfluren von Varinas, dem Meta und Buenos
Aires reichliche Nahrung finden und sich seit der Entdeckung von Amerika
dort, im ungleichen Kampf mit den Viehheerden, ansehnlich vermehrt haben,
führen andre Individuen derselben Gattung in dem Dickicht der Wälder,
den Quellen des Orinoco nahe, ein mühevolles Leben. Der schmerzhafte
Verlust eines großen Hundes vom Doggengeschlecht (unseres treuesten und
freundlichsten Reisebegleiters) in einem Bivouac nahe bei der Einmündung
des Cassiquiare in den Orinoco, hatte uns bewogen, ungewiß ob er vom
Tiger zerissen sei, aus dem Jnsektenschwarm der Mission Esmeralda zurück-
kehrend, abermals eine Nacht an demselben Orte zuzubringen, wo wir den
Hund so lange vergebens gesucht. Wir hörten wieder in großer Nähe das
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden]]
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Extrahierte Ortsnamen: Venezuela Deutschland Rhein Europa Asien Amerika
316
klaffen: mit den großen Mammalien vielfarbige Reiher, Palamedeen und die
stolz einherschreitenden Hokkohühner. „Hier geht es zu wie im Paradiese,"
sagte mit frommer Miene unser Steuermann, ein alter Indianer, der in dem
Hause eines Geistlichen erzogen war. Aber der süße Friede goldner Urzeit
herrscht nicht in dem Paradiese der amerikanischen Thierwelt. Die Geschöpfe
sondern, beobachten und meiden sich. Die Caphbara, das 3 bis 4 Fuß lange
Wasserschwein, eine colossale Wiederholung des gewöhnlichen brasiliani-
schen Meerschweinchens, wird im Fluß vom Krokodill, auf dem Trocknen vom
Tiger gefressen. Es läuft dazu so schlecht, daß wir mehrmals einzelne aus
der zahlreichen Heerde haben einholen und erhaschen können.
Unterhalb der Mission von Santa Barbara do Arichuna brachten wir die
Nacht wie gewöhnlich unter freiem Himmel, auf einer Sandfläche am User
des Apure zu. Sie war von dem nahen, undurchdringlichen Walde begrenzt.
Wir hatten Mühe, dürres Holz zu finden, um die Feuer anzuzünden, mit
denen nach der Landessitte jedes Vivouac wegen der Angriffe des Jaguar
umgeben wird. Die Nacht war von milder Feuchte und mondhell. Meh-
rere Krokodille näherten sich dem Ufer. Ich glaube bemerkt zu haben,
daß der Anblick des Feuers sie ebenso anlockt, wie unsere Krebse und manche
andere Wasserthiere. Die Ruder unserer Nachen wurden sorgfältig in den Bo-
den gesenkt, um unsere Hängematten daran zu befestigen. Es herrschte tiefe
Ruhe; man hörte nur bisweilen das Schnarchen der Süßwasser-Del-
phine, welche dem Flußnetze des Orinoco wie dem Ganges bis nach Be-
nares hin eigenthümlich sind und in langen Zügen auf einander folgten.
Nach 11 Uhr entstand ein solcher Lärmen im nahen Walde, daß man
die übrige Nacht hindurch auf jeden Schlaf verzichten mußte. Wildes Thier-
geschrei durchbebte den Forst. Unter den vielen Stimmen, die gleichzeitig er-
tönten, konnten die Indianer nur die erkennen, welche nach kurzer Pause ein-
zeln gehört wurden. Es waren das einförmig jammernde Geheul des Alua-
tor (Brüllaffen), der winselnde, fein flötende Ton der kleinen Sapaguas, das
schnarrende Murren des gestreiften Nachtaffen, das abgesetzte Geschrei der
großen Tigers, des Caguars oder ungemähnten amerikanischen Löwen, des
Pecari, des Faulthiers und einer Schaar von Papageien, Paraquas und
anderer fasanenartiger Vögel.
Wenn die Tiger dem Rande des Waldes nahe kamen, suchte unser Hund,
der vorher ununterbrochen bellte, heulend Schutz unter den Hängematten.
Bisweilen kam das Geschrei des Tigers von der Höhe eines Baumes her-
ab. Es war dann stets von den klagenden Pfeifentönen der Affen begleitet,
die der ungewohnten Nachstellung zu entgehen suchten.
Fragt man die Indianer, warum in gewissen Nächten ein so anhalten-
des Lärmen entsteht, so antworten sie lächelnd: „die Thiere freuen sich der
schönen Mondhelle, sie feiern den Vollmond." Mir schien die Scene ein
zufällig entstandener, lang fortgesetzter, sich steigernd entwickelter Thierkamps.
Der Jaguar verfolgt die Nabelschweine und Tapirs, die dicht aneinander ge-
drängt das baumartige Strauchwerk durchbrechen, welches ihre Flucht behin-
dert. Davon erschreckt, mischen von dem Gipfel der Bäume herab die Affen
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
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319
pel zu tragen scheint; im Silberschmuck erglänzt sein ergrautes Haupt, ju-
gendlich grünt sein Gürtel, und blühend umziehen Palmenwälder seinen Fuß;
höher steigt die Sonne, und zeigt mir den Hirten, seiner Heerde pflegend,
die Bewohner der Felder und die Sänger des Haines, und den fliegenden
Flamingo, eine Flamme von zwei flammenden Schwingen getragen. Höher
steigt die Sonne — und läßt mich sehn die bunten Kinder der Erde, welche
ihren feurigen Küsten die entgegenschwellenden Lippen bieten, — und das
tiefe blaue Himmelsgewölbe umschließt sie alle mit liebenden Armen und
fächelt mit sanftem Wehen die Gluth des Tages von ihren erröthenden
Wangen.
Westen Pinsel das malen könnte! —
Wie reizend, wie unendlich schön ist die Mannigfaltigkeit der Gewächse,
mit denen die gütige Natur diesen reizenden Erdstrich geschmückt hat! Hier
sieht man gesellig bei einander die schlanken baumhohen Gräser, die Arundo-
und Bambusarten mit für ihre Höhe zartem Stamme, der leicht und zier-
lich im leisen Winde sich wiegt und seine flüsternden Blätter darin spielen
läßt; Gräser, welche von einem Knoten zum andern 18—20 Fuß messen,
andere, deren Höhe 40, 50—100 Fuß erreicht, und welche der Gegend einen
ungemein fröhlichen, freundlichen Charakter ertheilen, während die fast für
sich und einzeln stehenden baumartigen Aloen, mit zweiglosen Stämmen, die
Blätter sternartig von dem Gipfel desselben aussendend, der Landschaft etwas
Ernstes, Schwermüthiges ertheilen.
Dort unter dem reinen Himmel sollte man ewig leben, von keinen Pla-
gen heimgesucht, mit allen Reichthümern überschüttet — beim Himmel! Quito
ist das verzogene Kind der Isis. Die glücklichen Thäler, die ich hier über-
sah, find alle bebaut, und lohnen mit ununterbrochenen Ernten die geringe
Mühe des Landmannes. Kein Frost vernichtet seine Hoffnungen, kein Hagel
schlägt die Früchte seines Schweißes nieder, unglaublich ist die Kraft dieses
Bodens; ohne Düngung, die man gar nicht kennt, ist Egge, Pflug und
Sichel immer und zugleich in Bewegung. Man kann sich nichts Reizenderes
denken, als eine Uebersicht von diesen Bergen auf das Bestreben der Natur,
alles in der üppigsten Fülle hervorzubringen. Warme und kalte Quellen rie-
seln aus jeder Vertiefung hervor, die Fluren zu befeuchten. Zahm und ohne
Scheu kommt der Hirsch, kommt das Reh in seinen vielen Varietäten, kommt
das sonst furchtsame kleine Häschen, um zu trinken, der kleine wunderhübsche
Löwenaste, mit seinem weißen Spitzenkragen, guckt schlau zwischen den Blät-
tern, oder aus einem ausgehöhlten Apfel hervor, in welchen er sich hinein
und durch welchen er sich durchgebisten hat, läßt sich durch eine frische Man-
del locken, sie aus der Hand zu nehmen. Der Tuncan im glänzenden Schwarz
mit seinem großen, goldgelben Schnabel sieht so wunderlich aus, daß man in
Versuchung geräth, zu fragen: Schnabel, wo willst du mit dem Vogel hin?
— dort schwingt sich leichten Fluges ein Pfau auf die hohen, flachen Blät-
ter einer Musa paradisiaca, und läßt stolz und wohlgefällig sein prächtiges
Kleid im Glanz der Sonne spielen. Hier kommt der Cacadu neugierig her-
an, entfaltet seinen schönsten Kamm; dort bläht sein sträubendes Gefieder der
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